Jeder, der schon einmal auf dem Darß war, kennt ihn: Den Leuchtturm am Darßer Ort, der als eines der Wahrzeichen der Halbinsel Fischland, Darß, Zingst gilt. Wie die
Windflüchter und der Weststrand ist er weit über die Grenzen der Halbinsel hinaus bekannt und fehlt in keinem Reiseführer. Aber Fischland, Darß, Zingst - das ist mehr als Leuchtturm, Windflüchter
und Westrand, auch wenn die drei hier als erste genannt werden.
Das gilt insbesondere für den Darß, denn der besteht neben den Stränden vor allem aus Wald. Und anders als auf Rügen, wo die von der Eiszeit erschaffenen Hügel stets Ausblicke auf das bieten, was kommt oder hinter einem liegt, zeigen sich die Schönheiten dieses Landstrichs, die Dörfer, Landschaften, Tiere und Pflanzen nicht auf den ersten Blick. Alles will erwandert, gesucht und gefunden werden. Meistens erwarten den Erkundungswilligen - ob er nun zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs ist - lange Wege. Doch hinter jedem Baum, jeder Biegung am Strand, jeder Dorfstraßenkurve gibt es irgendetwas zu entdecken und zu bestaunen. Der Darß beginnt am Ortseingang des Seebads Ahrenshoop (aus Richtung Wustrow kommend) und endet in Prerow. Denn die östlichen Teile Prerows mit den Überresten der mittelalterlichen Hertesburg liegen bereits auf dem Zingst, der bis zum Ende der Halbinsel reicht. Am Beginn des Darßes, nämlich dem Seebad Ahrenshoop, beginnt nicht nur der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft, sondern auch der Darßwald. Von nun an säumen prächtige Buchenwälder und andere Waldtypen die Straße und das fast bis nach Prerow.
Der Darßwald ist phänomenal. Riesig. Vielfältig. Geheimnisvoll. Einmalig. Schon er allein ist eine Reise auf den Darß wert. Ich finde ihn derart faszinierend, dass ich diesem phantastischen Stück Natur eine eigene Rubrik gewidmet habe. Nach ein paar hundert Metern ist man im Darßwald mit sich und der Natur allein. Okay, zumindest in bestimmten Zeiten und auf bestimmten Wegen. Und das etliche Kilometer bis man irgendwann aus dem Darßwald an den berühmten Weststrand heraustritt, der in Wanderführern oft schönster Naturstrand Deutschlands genannt wird. Gesagt sei, dass man am Weststrand ebenfalls höchst selten allein ist. Nämlich nur dann, wenn sich wenige Menschen auf dem Darß herumtreiben und das ist gerade mal von Anfang November bis Mitte Dezember und von Anfang Januar bis zu den Winterferien im Februar der Fall. In der Hauptsaison suchen Sie im Darßwald oder am Weststrand jedenfalls umsonst nach Einsamkeit. Dann ist der Weststrand meiner Meinung nach außerdem alles Mögliche, nur kein "Naturstrand". Doch das ist ein anderes Thema, auf das ich an anderer Stelle zurückkomme.
Darßer "Hauptstadt" ist Prerow. Okay. Diejenigen, die wissen, dass Ahrenshoop bereits auf dem Darß liegt und zu den Ahrenshoop-Fans gehören, würden dem leidenschaftlich widersprechen. Doch wie dem auch sei: Prerow ist ein idealer Ausgangspunkt für Wanderungen. Von Prerow aus kann man den Nordstrand entlang bis zum ehemaligen Nothafen und weiter bis zum Leuchtturm am Darßer Ort schlendern oder in die andere Richtung nach Zingst. Ganz zu schweigen von den Waldwegen, die nach Born, zum West- oder Nordstrand führen.
Bei dieser Gelegenheit oute ich mich jetzt mal als Nordstrand-Fan: Ich liebe den Prerower Nordstrand, und zwar vor allem am frühen Morgen. Hat man in Prerow sein
Urlaubszuhause aufgeschlagen, ist man ruckzuck am Strand und kann herrlichste Sonnenaufgänge erleben. Leider ist dem Nordstrand ein großer Teil seines Zaubers genommen worden, denn der neue Hafen
mit der überdimensionalen Seebrücke schafft jede Menge Leute in diese Ecke, so dass man inzwischen am Prerower Nordstrand so gut wie immer auf Menschen trifft. Die Seebrücke ist die längste an
der deutschen Ostseeküste und wenn ich sie sehe, sehne ich mich nach den alten, ruhigen Zeiten und nach der alten klapprigen Seebrücke aus Holz zurück. Außerdem bezweifle ich, dass das Bauwerk in
Bezug auf den Flair des Ortes und den Nationalpark von Vorteil sein wird. Der Nordstrand ist Rast- und Durchzugsgebiet für viele Zugvögel, die auf dem Strand oder am Spülsaum auf Nahrungssuche
gehen: Schneeammern, Sanderlinge, Austernfischer, Pfuhlschnepfen ... Die Störungen durch uns Zweibeiner dürften den bisherigen Vogelreichtum, der auch mich immer wieder fasziniert hat, erheblich
reduzieren.
Übrigens: Wer ein Seebad wie Binz, Göhren oder Sellin auf Rügen erwartet, ist in Prerow bzw. auf Fischland, Darß, Zingst falsch. Die Seebäderarchitektur wie man sie von Rügen oder Usedom kennt, sucht man auf der Halbinsel vergeblich. Wenn überhaupt verbreiten Zingst und Wustrow ein seebadähnliches Flair, finde ich jedenfalls. Prerow ist ländlich, dörflich, stellenweise ziemlich verbaut, aber dennoch wegen seiner Lage und des Campingplatzes in den Dünen am Nordstrand außerordentlich beliebt, auch wenn der Campingplatz inzwischen nicht mehr so riesig ist wie in vergangenen Jahrzehnten.
Inmitten einer großartigen Natur wird dem Besucher in Prerow allerhand geboten: Konzerte, Ausstellungen, Töpfer- und Kunstmärkte, ein kleiner und feiner Biomarkt,
Feste, Darß- und Bernstein-Museum. Außerdem gibt es diverse Sport- und Wanderangebote und einige Gesundheits- bzw. Wellnesstempel laden zum Entstressen ein. Ebenfalls erwähnenswert sind die
vielen, in Prerow noch erhaltenen denkmalgeschützten Gebäude, zum Beispiel die Seemannskirche, das Eschenhaus oder die Kulturkaten Kiek In. Nicht zu vergessen die kunstvollen Darßer Haustüren,
die 2018 in das bundesweite Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe aufgenommen wurden. Mit dem "Café nu" und der "Teeschale" punktet Prerow mit zwei
hervorragenden Cafés. Ansonsten sieht es kulinarisch für meinen Geschmack eher mau aus. Was mich in Prerow immer wieder beeindruckt, sind die uralten Eichen im Ort, zum Beispiel der ungefähr 350
Jahre alte Baum auf dem Gelände des Darß-Museums oder jene in der Hülsenstraße. Zu meinem Bedauern ist das Darß-Museum bereits seit längerem geschlossen und wird es wohl auch ziemlich
lange bleiben. Aber immerhin kann man das Außengeläünde mit den alten Eichen, ein paar historischen Holzbooten sowie Darßer Türen besichtigen und das ohne Eintritt.
Erwähnt werden muss, dass man von Prerow aus am schnellsten zum Rundwanderweg am Darßer Ort gelangt, der in der Nähe des ehemaligen Nothafens beginnt und wegen der am Tag in den Dünen stattfindenden Hirschbrunft mindestens genauso berühmt ist wie der Weststrand. Wer sich in diesem Gebiet aufmerksam umschaut und seine Augen mal nicht auf der Uhr oder dem Smartphone kleben lässt, kann - je nach Jahreszeit - unendlich mehr entdecken als liebestolles Rotwild: Fischotter, Rotfuchs, Feldhase, Neuntöter, Raubwürger, Seeadler, Hauben- oder Bartmeisen, verschiedene Limikolen, Sing- und Höckerschwäne, Kreuzottern oder Laubfrösche, Wald- und Zauneidechsen, diverse Schmetterlinge und Libellen, Austernseitlinge und Riesen-Schirmpilze, Wacholderbüsche, Rentierflechten oder Dünen-Stiefmütterchen und Berg-Sandglöckchen ... Allein mit den dort lebenden Tier-, Pflanzen- und Pilzarten kann meinereine mehr als eine Seite füllen - und genau das tue ich ja hier, und zwar in den entsprechenden Rubriken. Abschließend noch ein Wort zum Nothafen Darßer Ort: Der ist wegen des neuen Hafens in Prerow inzwischen Geschichte - er wurde zurückgebaut und der Natur zurückgegeben und ich kann nur immer wieder aufs Neue darüber staunen, wie schnell die Natur das Gebiet zurückerobert hat.
Neben Prerow befinden sich Born und Wieck auf dem Darß. Zwei kleine Orte mit einigen wunderbaren Reetdachhäusern und farbenfrohen Bauerngärten, die sich zwischen der über die gesamte Halbinsel führenden Landstraße L 21 und dem Schilfsaum des Koppelstroms bzw. des Bodstedter Boddens in die Landschaft schmiegen.
Vogelfreunden seien an dieser Stelle die Wiesen zwischen dem Prerower Hafen und Wieck ans Herz gelegt. In den Vogelzugzeiten finden sich dort verschiedene Gänsearten, Kiebitze und andere Vogelarten in großen Scharen ein. Unzählige Gefiederte ziehen auf den Wiesen und in den Gehölzen drumherum ihren Nachwuchs auf, zum Beispiel Schwarz- und Braunkehlchen, Wiesenpieper und Feldlerche, sofern sie nicht durch zu häufige Mahd gestört werden. An ruhigen Morgen oder am späten Nachmittag lassen sich oft Rot- und Rehwild, Rotfuchs und Feldhase auf den Wiesen blicken. Allerdings handelt es sich beim Querweg vom Prerower Hafen nach Wieck um einen stark befahrenen Radwanderweg, so dass es mit Ruhe etwas mau aussieht. Am Prerower Hafen selbst lassen sich übrigens ebenfalls tolle Vogelbeobachtungen machen, zum Beispiel im Winter, wenn sich unzählige Gänsesäger dort einfinden oder im Sommer, wenn die Rauchschwalben unter der Straßenbrücke brüten. Gegenüber vom Hafen wiederum haben Sie einen tollen Blick auf den Alten Strom und auf eine Graureiher-Kolonie in den Bäumen. Sooo. Damit soll meine kleine Einführung über den Darß enden. Ich hoffe, dass Sie meine kleine Einführung dazu verleitet, den Darß zu erkunden und auf Entdeckungsreise zu gehen. Falls Sie es tun, wünsche ich Ihnen viele tolle Erlebnisse mit all den wunderbaren Landschaften und Lebewesen, die in meinen Wanderungen erwähnt und beschrieben werden.
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