Für Lesemuffel: Eine Zusammenfassung meiner Tipps für diesen Ausflug befindet sich am Ende der Seite.
Man hört ihn. Man sieht ihn. Und man riecht ihn. Den Rasenden Roland. Rügens weltberühmte Kleinbahn, die einen Teil des Mönchguts unsicher macht. Mit höchstens 30 km/h tuckert und dampft sie zwischen Göhren und Putbus (in der Hauptsaison bis Lauterbach) hin und her und ermöglicht dem Zugreisenden eine gänzlich andere Perspektive auf die Insellandschaften. Für die Rüganer ist der dampfende Zug das, was für die Berliner die U-Bahn ist - ein (stink)normales Verkehrsmittel, das einen zur Arbeit und wieder nach Hause bringt. Wie dem auch sei: Wer auf Rügen weilt, muss mindestens einmal in den Rasenden Roland steigen. Und wer es einmal gemacht hat, wird es mit ziemlicher Sicherheit wieder tun. So ist es mir jedenfalls gegangen. Nachdem ich mir ungefähr 10 Jahre lang vorgenommen hatte, mit dem Rasenden Roland zu fahren, habe ich es 2016 endlich geschafft, nicht bereut und in jedem Jahr wiederholt. Ausgangspunkt meiner Fahrten ist stets das Ostseebad Göhren. Jener Ort, der sich so unvergleichlich schön in die Hügel des Nordperds schmiegt, so dass man sich in manchen Gassen im Mittelgebirge wähnt und von dessen Ostseestrand man die weißen Kreidefelsen in der Ferne leuchten sehen kann. Der Bahnhof befindet sich übrigens - wie sollte es anders sein - in der Bahnhofstraße. Gesagt sei, dass in Göhren sämtliche Parkplätze kostenpflichtig sind, auch und vor allem das unmittelbar am Bahnhof gelegene, den Ort verschandelnde Parkhaus. Wer sein Feriendomizil auf dem Mönchgut aufgeschlagen hat, sollte daher mit dem Bus nach Göhren fahren - eine nicht nur umweltfreundliche Alternative, sondern auch eine, die den Geldbeutel schont. Denn für Besitzer einer Mönchguter Kurkarte ist die Nutzung der Busse kostenlos.
Da der Rasende Roland im 2-Stunden-Takt bzw. 1-Stunden-Takt (Hauptsaison) fährt, empfiehlt sich ein Blick in den Fahrplan, bevor Sie sich auf den Weg machen. Denken Sie bei Ihrer Zeitplanung daran, dass Sie im Bahnhof Fahrkarten kaufen müssen (von Göhren zum Jagdschloss Granitz und zurück). Insbesondere in der Hauptsaison kann es sein, dass Sie beim Fahrkartenverkauf eine lange Schlange von Zugreisewilligen vorfinden und sich anstellen müssen. Der Fahrkartenkauf ist auch online oder im Zug möglich. Beachten Sie die Hinweise zum Deutschlandticket - siehe Link am Ende des Textes). Außerdem sollten Sie wissen, dass es im Zug keine Toiletten gibt und bis zum Jagdschloss auch keine auftauchen werden. Das heißt, es gibt schon Toiletten im Zug, allerdings historische, in denen es kein Wasser gibt und die man nur benutzen darf, wenn der Zug fährt. Ob man die Zugtoiletten tatsächlich benutzen kann und darf ... nun ja, ich habe es nicht ausprobiert. Eventuell ist es also angebracht, vor der Zugfahrt die Toiletten im Bahnhof aufzusuchen (dafür müssen Sie 50-Cent-Münzen in der Tasche haben). Sollten Sie den Zug verpasst haben oder zu früh in Göhren eingetroffen sein, können Sie die Zeit nutzen, um Göhren zu erkunden, zumindest den unteren Teil. Wenn die Zeit für den Besuch des oberen Teils ausreicht, müssen Sie nach oben laufen oder den sogenannten "Rentnerfahrstuhl" schräg gegenüber vom Bahnhof nehmen. Dieses Vergnügen kostet pro erwachsener Person 1,00 Euro. Kinder finden es unglaublich toll, mit diesem Ding einmal hoch und wieder runter zu fahren und für Menschen, die nicht so gut zu Fuß oder mit Rollstuhl unterwegs sind, ist es wirklich eine Erleichterung. Dass dafür Geld genommen wird ... na ja. Kindern winkt unmittelbar am Bahnhof außerdem ein toller Spielplatz und der Strand ist ebenfalls nicht weit. Oder Sie schlendern die Strandpromenade entlang, von der Sie bei klarem Wetter bis zu den Jasmunder Kreidefelsen schauen können.
Wenn der Magen knurrt und die Zeit zum Speisen ausreicht, können Sie natürlich auch in eines der vielen Göhrener Lokale einkehren. Ich bevorzuge das Fischrestaurant "Die Räucherei" am Bahnhof, in welchem man sich auch außer Haus mit Fischbrötchen oder Räucherfisch eindecken kann. Wer sich lieber ein wenig Natur gönnen möchte, dem sei ein Spaziergang im Wald gegenüber vom Bahnhof empfohlen. Besonders im Frühling wartet der Wald zu Füßen des alten Meeresufers ("Litorinakliff") mit unzähligen Frühblühern wie Hohlem Lerchensporn, Gelbem und Weißem Buschwindröschen, Scharbockskraut und Wald-Bingelkraut auf. Um das zu erleben, müssen Sie einfach nur über die Straße gehen.
Wenn es dann endlich losgeht, müssen Sie sich nur noch entscheiden, ob Sie offen oder geschlossen reisen möchten. Als ich 2016 zum ersten Mal in den Rasenden Roland eingestiegen bin, habe ich mich mutig in den offenen Waggon gesetzt. Irgendwie fand ich die Vorstellung, mir den Fahrtwind ordentlich um die Ohren wehen zu lassen, geradezu grandios. Und fototechnisch dürfte das Fehlen des Drumherums auch von Vorteil sein, habe ich gedacht.
Aber eben nur gedacht. Denn schnell wurde klar, dass es alles andere als einfach ist, die Landschaft oder den fahrenden Zug zu fotografieren. Prinzipiell geht das nur in langgezogenen Kurven und die sind auf der Strecke bis zum Jagdschloss Granitz rar gesät. Landschaftsfotos wiederum steht im wahrsten Sinne des Wortes ständig etwas im Weg: Bäume, Sträucher, Masten und nicht zuletzt all jene Leute, die die Gelegenheit zum Knippsen genauso nutzen wollen. Ein Foto vom fahrenden Zug habe ich jedenfalls nicht hinbekommen. Dafür jede Menge Schnappschüsse von fremden Hinterköpfen sowie Händen mit Smartphone. Mit dem Fahrtwind hingegen verhielt es sich anders, denn der wehte mir wahrhaftig ordentlich um die Ohren. Der Qualm der Dampflok allerdings ebenso. In schönster Regelmäßigkeit wurde der frische Qualm nämlich in den offenen Waggon gedrückt und wer schon einmal eine Nase frischen Rasenden-Roland-Qualms genommen hat, weiß wie das stinkt. Am Ende haben meine Klamotten und meine Haare fast genauso gestunken und feinste Aschepartikel auf Haut und Kleidung waren meine Begleiter für den Rest des Tages. Kurzum: Der offene Waggon ist für mich passé. Das ist einfach nicht mein Ding. Da helfen auch die tollen Lichtspiele nichts, die der Qualm in die Landschaft zaubert und die man aus dem offenen Waggon heraus besonders gut bestaunen kann. Aber jut, jeder muss selbst entscheiden, wo er sitzen möchte. Vielleicht hat so mancher noch eine FFP2-Maske irgendwo in der Tasche ... die dürfte in Bezug auf den Qualm durchaus hilfreich sein.
Setzt sich der Zug in Bewegung, fahren Sie zunächst durch die Baaber Heide - einen artenreichen Mischwald, in welchem viele seltene Tiere und Pflanzen beheimatet sind. Einen Teil der Strecke zwischen Göhren und Baabe fährt der Zug parallel zur B 196 und nicht nur Kinder haben viel Spaß dabei, den winkenden Autofahrern auf der Straße zurückzuwinken. Von Baabe aus geht es über den Haltepunkt Sellin-Ost nach Sellin-West. Bis dahin bieten sich dem Zugreisenden linkerhand herrliche Ausblicke auf die Landschaft am Selliner See. Wenn der Zug aus dem Haltepunkt Baabe herausfährt, kann man in der Ferne sogar das Ziel des Tagesausflugs - das Jagdschloss Granitz - aus dem Grün der Granitzer Wälder herausragen sehen. Kurz bevor der Haltepunkt Sellin-West erreicht wird, biegt der Zug nach rechts ab und fährt nun nicht mehr parallel zur B 196. Bis zum nächsten Haltepunkt Garftitz blickt man rechts in die Wälder der Granitz und links auf Wiesen und Felder, auf denen sich oft Rehe, Feldhasen oder Füchse tummeln, während am Himmel Mäusebussarde und manchmal majestätische Seeadler ihre Kreise ziehen. In Garftitz beginnt die letzte Etappe der Zugfahrt, denn danach folgt bereits der Haltepunkt "Jagdschloss Granitz". Nun werden Sie vom beeindruckenden Buchenwald der Granitz quasi eingehüllt. Man ist mittendrin und kann über die Pracht des Baumbestandes und die hügelige Landschaft nur staunen. Nach einer Fahrzeit von ungefähr 40 Minuten erreichen Sie den Haltepunkt "Jagdschloss Granitz" und müssen aussteigen. Falls Sie von diesem Haltepunkt aus Ihre Rückfahrt nach Göhren antreten möchten, sollten Sie einen Blick auf den Fahrplan werfen, bevor Sie sich in Richtung Jagdschloss in Bewegung setzen.
Um zum Jagdschloss zu gelangen, müssen Sie nach dem Aussteigen rechts auf die alte Kopfsteinpflasterstraße einbiegen und dieser bzw. der Ausschilderung einfach folgen. Menschen mit Kinderwagen sei gesagt, dass nun ein ordentliches Stück Arbeit vor ihnen liegt, denn die Strecke ist alles andere als kinderwagenfreundlich. Für Rollstuhlfahrer ist sie meiner Meinung nach gar nicht geeignet. Als Alternative bietet sich der Ausstieg in Binz und die Nutzung der Bäderbahn bis zum Jagdschloss Granitz an. Für Kinder ab 3 Jahren, die gut zu Fuß sind, ist der Weg durchaus zu bewältigen, auch wenn es öfter mal gemächlich bergauf geht. Rechts und links des Weges gibt es für Groß und Klein je nach Jahreszeit eine Menge zu entdecken: Käfer, Schnecken, bizarres Totholz, Pilze, Wald-Veilchen, Waldmeister oder Weiße Buschwindröschen, das Trommeln der Spechte oder die kleinen blaugefärbten Kleiber, die als einziger unserer Vögel kopfüber einen Baumstamm hinunter flitzen können. Im Frühling ist der Waldboden vor allem von Weißen Buschwindröschen übersät, so dass es von Weitem so wirkt, als hätte es geschneit. Gesagt sei, dass Weiße Buschwindröschen in allen Teilen giftig sind. Ein Abpflücken im Schutzgebiet ist sowieso verboten und aufgrund der Giftigkeit sollten auch kleine, unbedachte Kinderhände von den Pflanzen lassen.
Hier und da recken mächtige, uralte Rotbuchen ihre Zweige in den Rügener Himmel. Baumpersönlichkeiten, die eine Menge zu erzählen hätten, wenn sie denn könnten und die mehr als einen Blick wert sind. An einem trüben Nebelmorgen oder wenn hinter den Bäumen eine tiefstehende Sonne strahlt, wirken diese Bäume regelrecht mystisch. Nach 30 bis 60 Minuten (je nachdem, ob Sie mit oder ohne Kleinkind unterwegs sind und was sie unterwegs so anstellen) und können Sie Ihr Ziel, das Jagdschloss, bereits zwischen den Bäumen erkennen.
Am Jagdschloss angekommen wird es die meisten Zweibeiner nun erst einmal in das Jagdschloss ziehen. Schon allein, um den Mittelturm zu erklimmen und die unvergleichliche, phantastische Aussicht über Deutschlands größte Insel zu genießen. Bis Sie das tun können, müssen Sie Eintritt bezahlen und falls Sie fotografieren oder filmen möchten, eine kostenpflichtige Genehmigung dafür erwerben. Anschließend durchschreiten Sie das Innere des Jagdschlosses mit allerlei Ausstellungsräumen und -stücken und müssen 154 unsagbar filigran geschmiedete Stufen einer Wendeltreppe bewältigen (nicht schwindelfreien Menschen ist die Treppe übrigens nicht zu empfehlen). Oben angekommen werden Sie feststellen, dass sich sowohl das Treppensteigen als auch das Zahlen des Eintrittspreises gelohnt haben, denn die Aussicht ist wirklich einmalig, einfach großartig.
Allen, die mit Kindern unterwegs sind, sei außerdem das Gelände unterhalb des Jagdschlosses wärmstens ans Herz gelegt. Denn dort wartet ein liebevoll gestalteter Spielplatz auf den Nachwuchs, auf dem es sich wunderbar toben und spielen lässt. Unmittelbar neben dem Spielplatz befindet sich ein Selbstbedienungsrestaurant nebst kostenpflichtigen Toiletten. Von den seitlichen Tischen des Restaurants aus hat man die Kinder übrigens bestens im Blick und kann sich selbst und den Kindern so eine wohlverdiente Pause gönnen. Ebenfalls am Spielplatz steht das Granitzhaus, in welchem das Biosphärenreservat Südost-Rügen eine Ausstellung über die Geologie und Natur der Insel betreibt, die Erwachsenen und Kindern jede Menge Interessantes und Wissenswertes bietet. Teilweise interaktiv lässt sich zum Beispiel die nacheiszeitliche Entwicklung der Landschaft und die Siedlungsgeschichte erleben und nachempfinden, und zwar kostenlos.
Da ich im Zusammenhang mit dem Spielplatz das Selbstbedienungsrestaurant erwähnt habe: Insgesamt gibt es auf dem Gelände drei Lokalitäten, die Speisen und Getränke in unterschiedlicher Qualität und Preislage anbieten. Preiswert ist es in keiner und insbesondere in den Saisonzeiten ist es oft schwierig, einen Platz zu ergattern. Gut dran ist also jeder, der sich ein wenig Proviant und Getränke für alle Fälle eingepackt hat.
Sooo. Wenn Sie genug vom Jagdschloss und seinem Drumherum haben, begeben Sie sich wieder zur Kopfsteinpflasterstraße und nehmen den Weg, den Sie gekommen sind oder Sie wählen einen der Wanderwege nach Binz oder zum Haltepunkt Garftitz und treiben sich noch ein wenig länger in der Granitz rum. Egal, was sie tun: Ich wünsche Ihnen eine schöne Zeit und viele tolle Entdeckungen.
Meine Tipps für diesen Tagesausflug
- Bahnhof Göhren - Haltepunkt Jagdschloss Granitz - Jagdschloss Granitz und zurück. Fahrzeit jeweils ungefähr 40 Minuten.
- Laufzeit 30 bis 60 Minuten. Je nachdem, ob Sie mit Kindern unterwegs sind oder nicht.
- Kleingeld für die Parkgebühren, Fahrkarten, die Toiletten und Eintrittskarten einstecken.
- Informieren Sie sich vor dem Fahrkartenkauf darüber, welches Ticket für Sie das günstigste ist (z.B. Familienkarte) sowie über die Bedingungen zum Deutschlandticket (siehe Link unten "Fahrplan und Preise des Rasenden Rolands und was man sonst noch wissen muss").
- Hunde und Fahrräder kosten extra, e-Bikes kosten mehr als normaler Fahrräder.
- Der Fahrkartenkauf ist außerdem online möglich oder im Zug (dort wird es aber nicht gern gesehen).
- In Göhren sind alle Parkplätze kostenpflichtig. Wer im Besitz einer Mönchguter Kurkarte ist, kann die auf dem Mönchgut fahrenden Busse kostenlos nutzen und sollte auf eine Anreise mit dem Auto verzichten.
- Im Zug gibt es historische Toiletten ohne Wasser, die man nur dann benutzen darf, wenn der Zug fährt. Ob man diese Toiletten tatsächlich benutzen kann und darf, kann ich nicht sagen, denn ich habe es nicht ausprobiert. Im Bahnhof Göhren gibt es kostenpflichtige Toiletten (50-Cent-Münzen einstecken, andere Münzen werden nicht genommen). Die nächsten Toiletten gibt es direkt am Jagdschloss Granitz oder unterhalb des Schlosses hinter der Selbstbedienungsgaststätte - beide sind ebenfalls kostenpflichtig.
- Der Rasende Roland hat keinen barrierefreien Ein- bzw. Ausstieg. Für Rollstühle und Kinderwagen sind deshalb hilfreiche, starke Arme nötig.
- Der Weg vom Haltepunkt Jagdschloss Granitz ist mit Kinderwagen schwierig zu bewältigen und für Rollstuhlfahrer nicht geeignet. Alternativ bis Binz fahren und dort die Bäderbahn zum Jagdschloss nehmen.
- Getränke und Proviant einpacken, denn in den Saisonzeiten bekommt man kaum einen Platz in den Lokalitäten.
"Bus frei" - mit der Kurkarte auf dem Mönchgut kosten Bus fahren
Rasender Roland:
Jagdschloss Granitz:
- Der Eintritt in das Jagdschloss kostet für Erwachsene 6,00 Euro (ermäßigt 4,00 Euro), Menschen unter 18 Jahre müssen keinen Eintritt bezahlen. Für das Fotografieren und Filmen muss man sich an der Kasse eine Genehmigung holen und 5,00 Euro bezahlen.
- Die Öffnungszeiten variieren je nach Jahreszeit.
- Eintrittspreise und Öffnungszeiten Jagdschloss Granitz.
Ausstellung des Biosphärenreservates Südost-Rügen:
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